Das perfekte Supertele?

Ein Praxisbericht aus dem Alltag eines Naturfotografen über das Sigma Sports 60-600mm mit Extendern am Canon R System.

Das perfekte Supertele?

Unterwegs mit dem Sigma Sports 60-600 mm + Extender

Aktuell sind wir viel unterwegs um die nächste Ausgabe unserer Naturfotografie.de Zeitschrift mit Inhalten zu füllen. Mit dabei war unter anderem auch das Sigma Sports 60-600 mm in Verbindung mit Canon EF Extendern. Wie gut das funktioniert und ob man sich damit vielleicht sogar das aktuelle RF 200-800 mm sparen kann, erfahrt ihr in diesem Artikel und unserem YouTube Video.

Auch wenn es Luxusprobleme sind, aber wir stellen uns vor jeder Tour immer wieder die Frage, welche Objektive brauche ich, was nehme ich mit? Das Allround Objektiv für alle Bereiche der Naturfotografie gibt es halt nicht.

Wenn es um Wildlife Fotografie geht, nehmen wir recht oft das EF Sigma Sports 60-600 mm mit. Der Brennweitenbereich deckt schon sehr viel ab. In Verbindung mit einer APS-C Kamera, in unserem Fall der R7, erhält man auf Vollformat bezogen einen Bildausschnitt eines 96 – 960 mm mit satten 32 Megapixeln, die es einem erlauben auch noch nachträglich einen Ausschnitt zu nehmen. Auch die Naheinstellgrenze erlaubt das eine oder andere Detail am Wegesrand, wie hier die Eier der Linden-Gallmilben mit 600 mm.

600 mm mit Crop an einer APS-C Kamera reichen meist aus, aber manchmal halt auch nicht. Besonders für kleine Singvögel oder scheue Arten haben wir oft noch das RF 800er mit dabei. An dunklen Tagen auch noch ein 4,0/600 mm mit beiden Extendern. Aber wir wollen ja fotografieren und nicht als Packesel durch die Natur laufen. Von daher kam mir neulich die Idee, das 60-600er einfach mal mit dem EF Canon Extender 1,4 zu kombinieren. So erhaltet Ihr ein 84 – 840 mm mit den Offenblenden 5,6 – 9,0. Im Vergleich mit dem RF 200-800er habt ihr demnach nach oben und vor allem im unteren Bereich deutlich mehr Brennweite, bei gleicher Lichtstärke.

Ich dachte eigentlich immer, dass der EF-Extender aufgrund des langen Innentubus nicht passt, da er für die Canon L Linsen aus dem EF-Bereich entwickelt wurde. Von daher war ich erstaunt, dass der Extender sich ohne Probleme in allen Zoom Bereichen am Sigma 60-600er nutzen lässt. Andere Versuche mit Kenko Extendern oder dem Sigma Extender waren eher ernüchternd und qualitativ, sowie von der AF-Geschwindigkeit her eher mäßig. Am Tamron G2 150-600 mm passt der Canon Extender übrigens nicht, da die Innenlinse des Objektivs zu weit raus ragt. Wie es beim Sigma 150-600 mm kann ich leider nicht sagen.

 

Erfahrungsbericht aus der Praxis

Wie gesagt, der Extender passt und auch beim Zoomen gibt es keine Probleme mit Anschlägen, das 60-600er lässt sich über den gesamten Brennweiten Bereich nutzen. Nicht so wie beim RF 100-500er, welches sich mit RF-Extendern erst ab 300 mm nutzen lässt.

Ich habe die Kombi mit Extender jetzt hauptsächlich an APS-C Kameras genutzt, an der Vollformat ist die Bildqualität aber ähnlich gut, nur an den Rändern gibt es leichte Abschattungen, die man bei der Rohdatenentwicklung entfernen kann. An unseren R Kameras funktioniert der Autofokus mit kleinen Abstrichen einwandfrei. Dazu gleich mehr.

Das 60-600er ist ohne Extender ein sehr scharfes Objektiv, an dem es optisch nur wenig zu meckern gibt, außer chromatische Aberrationen mit grünen und lila Säumen im extremen Gegenlicht, wie so oft bei Sigma Objektiven. Aber auch diese lassen sich bei der Rohdatenentwicklung mit einem Mausklick entfernen. Auch der Stabi funktioniert sehr gut und lässt kaum Wünsche offen.

Die AF-Geschwindigkeit und die Treffer Zuverlässigkeit mit dem Tieraugen AF an Canon R Kameras ohne Extender ist top und nur etwas unter dem Niveau unserer aktuellen RF-Linsen. Da ein Extender grundsätzlich nicht nur die Brennweite verlängert, sondern auch die Bildfehler eines Objektivs verdoppelt und die AF-Geschwindigkeit verlangsamen kann, ist dies auch beim 60-600er der Fall. Je nachdem wofür ihr die Bilder einsetzen wollt ist die Schärfe mit 1,4 fach Extender für den Printbereich noch sehr gut ausreichend, von Social Media Bildern für Insta und Facebook wollen wir gar nicht erst reden, dafür reicht fast alles.

Bei der AF-Geschwindigkeit mit Extender muss man allerdings Abstriche machen. Die Erkennung von Tieren bzw. der Tieraugen wird schlechter. In schwierigen Fällen, wie zum Beispiel Pflanzenhalme oder Äste vor dem Tier oder bei zu geringen Kontrasten um die Augen pumpt der AF manchmal hin und her und findet nicht immer das Ziel. Was hilft ist ein manuelles Vorfokussieren, dann passt es meistens. Aber dieses Problem haben bei schwierigen Motiven auch aktuelle RF-Linsen, nur beim Sigma ist es mit Extender noch etwas ausgeprägter.

 

Fazit

Ohne Extender ist das 60-600er Sports von Sigma immer noch ein grandioses und zuverlässiges Objektiv für die Naturfotografie mit großem Brennweitenbereich, auch am R System mit Adapter. Mit einem Straßenpreis von etwa 1.800 € für ein neues Exemplar ist es jeden Cent wert. Wenn man ein gebrauchtes Exemplar findet, ist der Preis kaum niedriger und liegt mit Glück bei um die 1.500 bis 1.600 €.  An den Gebrauchtpreisen sieht man sehr gut, dass die Nutzer scheinbar damit zufrieden sind und es nur wenig gebrauchte Exemplare auf dem Markt gibt.

Mit Extender muss man insbesondere bei der AF Zuverlässigkeit Abstriche machen. Es ist nicht so dass der AF dann gar nicht mehr trifft, aber in der Praxis fällt schon auf, dass der Ausschuss an fehlfokussierten Bildern zunimmt. In manchen hektischen Situationen habe ich auch über die Kombi geschimpft, weil ich das eine oder andere Bild nicht machen konnte. Aber wer weiß ob es in diesen Situationen mit einer RF-Linse besser gelaufen wäre.

Ich habe es auf den Touren sehr oft mit Extender genutzt und war insgesamt sehr zufrieden. Zumindest haben es einige Bilder davon in die neue Sonderausgabe unserer neuen Zeitschrift geschafft.

Falls Ihr also ein Sigma 60-600er besitzen solltet, probiert es mal selber mit einem Canon 1,4x EF-Extender aus. Falls Ihr weder ein 60-600er habt, noch einen EF-Extender, lohnt sich die Anschaffung nur wenn ihr auf der Suche nach einem guten 600er Zoom seid. Da die Kosten für ein 60-600er und einem EF-Extender bei über 2.000 € liegen, würde ich dann eher nochmal knapp 500 € drauflegen und zum aktuellerem RF 200-800 mm tendieren. Wenn es denn mal wieder lieferbar ist.

Das 60-600er funktioniert übrigens an der R7 auch mit dem Canon EF 2x Extender. Wie erwartet nimmt die Bildqualität etwas weiter ab und aber die AF-Geschwindigkeit verringert sich kaum im Vergleich zum 1,4x Extender. Immerhin habt Ihr dann an einer Vollformat ein 120-1.200 mm bzw. an einer APS-C Kamera den Ausschnitt eines 192 – 1.920 mm Objektivs mit einer Offenblende von 9,0 – 13. Eher was für helle Tage, wobei bei solchen Brennweiten die Luftmenge zwischen Linse und Motiv nicht unterschätzt werden darf und es allein durch Luftflimmern physikalisch schon zu unscharfen Bildern kommen kann.

Um es auf die Spitze zu treiben, habe ich auch beide Konverter gleichzeitig genutzt, somit ergibt sich daraus dann an der Vollformat ein 168 – 1.680 mm bzw. an einer APS-C Kamera ein Ausschnitt von 269 – 2.688 mm. Die Bildqualität lässt natürlich weiter nach und auch an hellen Tagen fotografiert ihr dann mit sehr hoher ISO. Trotzdem war ich sehr erstaunt was mit Entrauschen und Nachschärfen aus den Bildern noch rauszuholen war. Für Insta, Facebook und Co. tatsächlich noch ausreichend. Der AF an der Canon R7 funktioniert übrigens immer noch einwandfrei, nur ist es sehr schwierig bei solch langen Brennweiten das Motiv überhaupt im Sucher zu finden. In der Praxis würde ich beide Konverter nur im Notfall oder zur Dokumentation seltener Arten einsetzen. Für hochwertige Drucke reicht es dann auch mit Nachbearbeitung meist nicht mehr aus.

Zusammenfassend sage ich persönlich: Daumen hoch für das Sigma Sports 60-600 mm am R System in der Naturfotografie mit kleinen Abstrichen bei der Nutzung mit Canon Extendern. Wer nach einem riesigen Brennweitenbereich sucht, und ein relativ kleines Packmaß mit einen Brennweiten Bereich von 60 – 840 mm oder sogar 1.200 mm sucht, der sollte sich die Kombi mal anschauen.

Das Objektiv gibt es übrigens auch mit Nikon und Sony Bajonett, wobei das für Sony eine Neuentwicklung ist.

Viel Spaß in der Natur mit vielen Motiven.

YouTube Video zum Thema

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